Saarbrücker Zeitung / Montag, 11. Mai 2015
Gastchöre aus Lübeck und Holland jetzt beim Jubiläumskonzert dabei – Nachwuchssänger dringend gesucht
Der Shantychor „Bisttalmöwen“ ist ein Saarland-Botschafter: Bei etwa 40 Auftritten im Jahr – viele im Norden Deutschlands – sorgen die meist bärtigen Herren für Stimmung. Jetzt feiert der Chor sein 25-jähriges Jubiläum.
Von SZ-Redakteur Dietmar Klostermann
Saarbrücken/Wadgassen. Lieblich mäandert die Bist, ein breiterer Bach, vom herrschaftlichen Linslerhof derer von Boch Richtung Mündung in die Saar. Von Möwengeschrei ist weit und breit nichts zu hören, allein Kormorane und Rabenkrähen sind dazu angetan, manchen Zeitgenossen in Wallung zu bringen. Und trotzdem: Die „Bisttalmöwen“ sind seit 25 Jahren ein natürliches Aushängeschild des Saarlandes. Die tiefen Männerstimmen dieses Shantychores sorgen bei vielen Zuhörern für wohlige Gefühle, wenn „La Paloma“ erklingt.
„In der Schlossbräustube beschlossen am 18. Februar 1990 19 Personen, einen Shantychor zu gründen“, sagt Peter Mögling, 75, der Vorsitzende und immer zuverlässig laufende Motor der „Bisttalmöwen“. Vorher seien die Sänger in der Marinekameradschaft Differten integriert gewesen. Aber dann sei man eigene Wege gegangen. „Heute ist noch ein Differter dabei, Horst Schirra“, erklärt Mögling, der nie ohne Kopfbedeckung unter die Leute geht. Und seine Kappe mit dem Anker-Emblem auch nicht beim SZ-Termin absetzt. Mögling, bärtiger „Bisttalmöwen“-Kapitän, hat stets ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen, ein Mann, dessen Offenheit auf Anhieb sympathisch ist. „Bis 2005 hießen wir noch Shantychor Bisttalmöwen Differten. Aber Differten kennt keine Sau im Norden, deshalb haben wir das stillschweigend beerdigt“, sagt Mögling. Denn die Bisttalmöwen haben viele Konzerteinladungen bei befreundeten Chören an den Küsten oder in Holland.
Die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) hat sich die Bisttalmöwen als Aushängeschild der Landeshauptstadt gekrallt und ist neben der Ex-SR-Ankerfrau Marie-Elisabeth Denzer (VSE-Sprecherin), Bierbrauer Thomas Bruch und Gabriele Bayer ( Verlegerin Euro Saar Magazin ) eine von vier „Ehren-Möwen“. Schließlich sei der Shantychor auch „Geburtshelfer“ des Saar-Spektakels gewesen, wie Mögling berichtet. Bei diesem Super-Fest am Fluss holen die „Bisttalmöwen“ alljährlich befreundete Shantychöre in die Ludwigskirche und ins Bruchzelt auf den Saarwiesen – da passt das maritime Liedgut zum Spektakel wie der Labskaus nach Hamburg. Dieses fleischliche Gericht nehmen die Bisttalmöwen auch alljärlich bei ihrem Neujahrsempfang im evangelischen Gemeindehaus in Gersweiler zu sich, von Sänger Horst Altpeter zubereitet.
Garderobe aus Ostfriesland
„Elbsegler“ heissen die Schirmmützen, die die Bisttalmöwen bei ihren Konzerten tragen. „Unsere Uniformen bestellen wir bei einer Firma in Esens in Ostfriesland“, sagt Mögling, der vor seiner Pensionierung beim Entsorgungsverband Saar schaffte. Möglings unbekümmerter Humor hat seine Wurzeln in der Friesen-Realschule in Leer, wo Mögling mit keinem geringeren als dem Komiker Karl Dall die Schulbank drückte. „Der hat immer Blödsinn gemacht, das Klassenbuch angezündet oder Wasserbomben gebastelt, die die Lehrer nass machten“, sagt Mögling lachend. Und bei den jährlichen Klassentreffen sei auch eine weitere Berühmtheit dabei: Seppl Piontek, Spieler- und Trainerlegende des SV Werder Bremen ( Nationalspieler und Deutscher Meister 1965 ), der auch Dänemark bei der WM 1986 in Mexico zum 2:0 gegen die deutsche Elf führte und zuletzt Grönland coachte – da wurde er mit Fisch belohnt.
Doch die umtriebige „Bisttalmöwen“-Vorsitz-Legende Mögling kann nicht verhindern, dass es am Nachwuchs mangelt. „Unser Durchschnittsalter ist etwa 65 bis 70 Jahre“, sagt Mögling, ein überzeugter St. Pauli – Fan. Die Jugend wolle das wohl nicht mehr, stellt er resignierend fest. Um aber im nächsten Satz stolz anzumerken, dass drei Lothringer mitsingen. „Wenn wir als deutsch-französischer Shantychor auftreten, staunen die Leute“, so Mögling. Im Chor gibt Chorleiter Rainer Bay, ein ehemaliger Musiklehrer, den Ton an. Auch Akkordeonist Armand Leichtweiss sei Chorleiter. Die „Bisttalmöwen“ proben jeden Donnerstag im Gasthaus „Z“ in Wadgassen-Hostenbach.
Am 16. Mai um 18 Uhr geben die „Bisttalmöwen“ im Burbacher Bürgerhaus ihr Jubiläumskonzert mit den Gastchören „Wöwenschiet“ (Lübeck) und den „Noszélie Singers“ aus Stadskanaal in Holland.