Saar-Zeitung / Dienstag, 21. Februar 2017
Shantychor „Bisttalmöwen“ aus der Gemeinde Wadgassen tritt bundesweit auf – Peter Mögling und Gerhard Simon Stützen des Vereins
Die „Bisttalmöwen“ – seit über 20 Jahren ist der Shanty-Chor aus der Gemeinde Wadgassen ein Begriff in ganz Deutschland. Von München bis Flensburg, von der Insel Mainau bis nach Helgoland. Selbst Kanada war schon Auftrittsort der Bisttalmöwen. „Vor drei Wochen sind wir sogar im Gefängnis gelandet“, erzählt der 1. Vorsitzende Peter Mögling schmunzelnd.
Allerdings nicht hinter Gittern, sondern als Mitwirkende beim „Nordischen Abend“ in der JVA Saarbrücken. Der 1990 gegründete Chor, der aus der Marinekameradschaft Differten hervorging, kann so manchen besonderen Auftrittsort vorweisen. „Wir haben beispielsweise im Hamburger Michel gesungen“, erklärt Mögling. Und Vereinskollege Gerhard Simon präzisiert: „Singen dürfen! Das ist schon eine besondere Ehre.“ Auch der Bremer und der Emsländer Dom stehen auf dieser Liste, ebenso viele Kirchen im Stadtbereich Saarbrücken wie die Basiliken St. Johann und St. Jakob oder die Ludwigskirche, „in denen wir regelmäßig unser Weihnachtsprogramm präsentieren“, so Mögling.
Die Frage, wie das Publikum reagiert, wenn ein saarländischer Shanty-Chor in Hamburg, Cuxhaven oder Flensburg auftritt, entlockt beiden ein breites Lächeln: „Die Zuhörer ordnen uns immer dem hohen Norden zu und sind ganz verblüfft, wenn wir sagen, woher wir sind.“ Das Repertoire der Bisttalmöwen kommt an. „Unser Erfolg liegt in der flotten Art, in der wir die Shantys präsentieren. Und in der Liedauswahl, die ein Verdienst unseres musikalischen Leiters Rainer Bay ist.“
Peter Mögling, der vor 77 Jahren im Emsland geboren wurde und seine Kindheit in Leer/Ostfriesland verbrachte, ist seit 1996 1. Vorsitzender des Vereins. „Meine Familie kam 1954 ins Saarland, als mein Vater zur Oberfinanzdirektion in Saarbücken versetzt wurde, ich selbst habe mich 1962 hergetraut.“ Auch heute noch wohnt Mögling, der seit seiner Rente als Stadtführer arbeitet, in der Landeshauptstadt. „Nach 45 Jahren im öffentlichen Dienst war ich ausgeruht – jetzt habe ich Arbeit“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Seine Energie steckt er zu einem großen Teil in die Vereinsarbeit. Beim Interviewtermin sitzt der St.-Pauli-Fan mit Seemannsmütze am Tisch im Probenraum und strahlt eine Energie aus, die keinen Zweifel daran lässt, dass er auch in Zukunft die Dinge voller Elan angeht. Ein Nordlicht im Saarland, dessen Bestreben es war, den zunächst noch kleinen Verein nach außen zu öffnen und der großen Anteil am bundesweiten Erfolg des Chors hat.
Doch zuviel Aufmerksamkeit behagt dem 77-Jährigen auch nicht und so lenkt er das Augenmerk schnell auf Gerhard Simon, den mit 85 Jahren ältesten aktiven Sänger der Bisttalmöwen. „Gerhard ist ein riesengroßes Vorbild für alle. Er ist immer da: bei jeder Probe, bei jedem Auftritt, bei jeder Fahrt. Da kann sich so mancher ein Beispiel nehmen.“ Der gebürtige Differter, der seit 60 Jahren in Werbeln wohnt, kam nach dem Tod seiner Frau vor zwölf Jahren zu den Bisttalmöwen. „Ich habe manchmal im damaligen Vereinsheim ein Bierchen getrunken und bin irgendwann quasi von den anderen verhaftet worden, im Shanty-Chor mitzusingen“, erinnert er sich lächelnd. „Dabei konnte ich früher gar nicht singen!“
Als sie ihre Vereinsfahrten und Auftritte Revue passieren lassen, geraten Mögling und Simon ins Schwärmen. Sie haben viel erlebt: Die legendäre Überfahrt nach Helgoland bei starkem Wind, als die Hälfte des Chores seekrank wurde und trotzdem noch am selben Abend ein Konzert gab. „Geendet hat dieser denkwürdige Tag mit einem Feueralarm im Hotel, kaum dass wir in den Betten lagen. Böse Zungen behaupten, diesen Fehlalarm habe einer unserer Sänger ausgelöst, der im Dunkeln den Lichtschalter mit dem Feuermelderknopf verwechselte“, lacht Mögling. Der Anekdoten gibt es noch viele. Gerhard Simon, der in einem Bremer Hotel die Treppe hinunterfiel und drei Konzerte auf Krücken absolvierte. Das spontane Konzert in einem Arnstadter Schrebergarten, welches die Leute aus allen umliegenden Schrebergärten anlockte und das statt einer Stunde vier Stunden dauerte, während die Ehefrauen im Hotel auf ihre Männer warteten. Und noch so viel mehr. Doch das alles aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.
Silke Rupp